Frau am Steuer: Für mich ging mein größter Wunsch in Erfüllung

Bis 1972 durften in Deutschland keine Frauen ans Steuer von Bussen. Als die Saartal-Linien 1980 die ersten Frauen als Busfahrerinnen einstellten, ergriff Maria Lamest ihren Traumberuf und eroberte eine Männerdomäne. Über 36 Jahre ist das jetzt her.

Wenn Maria Lamest ihren Dienst antritt und vorher noch schnell im Aufenthaltsraum des Betriebshofs vorbeischaut, wird sie von ihren männlichen Kollegen herzlich begrüßt. Der Ton ist freundschaftlich kollegial. „Anfangs war das nicht immer so”, erinnert sich die 60-jährige, „manche Kollegen haben schon gelästert, fühlten sich in ihrer männlichen Ehre gekränkt. Aber es gab auch viele, die es toll fanden, dass endlich Frauen Busse fahren durften”. „Für mich war das wie ein Sechser im Lotto", sagt sie, wobei der Berufsstart ihr nicht leichtgefallen ist. Das ständige Abbremsen, Auskuppeln und Anfahren war ungewohnt und auch anstrengend.

Warum sie Busfahrerin wurde?

Maria Lamest in den 90er Jahren - Saarbahn

Maria Lamest in den 90er Jahren - Saarbahn

Maria Lamest in den 90er Jahren - Saarbahn

„Ich wollte raus aus der Enge meines Bürojobs”, schmunzelt Maria Lamest. Die Entscheidung fiel ganz spontan: Es war 1979, als sie zufällig eine Anzeige in der Zeitung entdeckte, dass das Arbeitsamt Frauen in Männerberufen ausbilde. Sie gab ihren Job als kaufmännische Angestellte auf und begann in Hülzweiler eine Umschulungsmaßnahme zur Berufskraftfahrerin im Personenverkehr. Am 20. Dezember 1980 legte sie dort ihre Prüfung ab und wurde sofort am nächsten Tag bei den Saartal-Linien eingestellt. Dafür musste sie von Merzig nach Saarbrücken umziehen. Damals war es noch Pflicht, im Bedienungsgebiet zu wohnen.

Lebhaft erinnert sie sich noch im Rahmen ihrer Ausbildung an das Praktikum bei den Saartal-Linien. Streckenkunde war Pflicht, viel Theorie zu Fahrzeugtechnik und Sicherheitsregeln, alle Haltestellennamen mussten auswendig aufgesagt werden. Anfangs fuhr sie nach der Arbeit abends noch einmal die Strecke ab, um sich am nächsten Tag ja nicht zu verfahren. 
Bis heute gefällt es ihr, die großen schweren Fahrzeuge wie beispielsweise den 18 Meter langen Gelenkbus durch den Saarbrücker Stadtverkehr zu lenken und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Anfangs waren die Fahrgäste kritisch. „Mucksmäuschenstill war es im Bus, wenn ich fuhr”, erinnert Maria Lamest sich. „Man hatte das Gefühl, 200prozentig sein zu müssen und wurde genau beobachtet, ob man sich auch ja nicht verschalte“. Und damals musste man noch schalten und kuppeln. „Die Haltestellen haben wir noch selber ansagen und den Stempel von Hand weiterdrehen müssen.”

Viele nette Begegnungen weiß sie zu berichten. Früher gab es Stammgäste, wie z.B. einen älteren Herrn, der immer in der Feldmannstraße einstieg und den Fahrerinnen Schokolade und den Fahrern Bonbons zusteckte und dabei lautstark betonte: „Heute bezahle ich wie immer mit Bonbons.”  Natürlich hatte er eine Monatskarte, das wusste Maria Lamest und lächelte. 

Nur vereinzelt zu Beginn ihrer Tätigkeit sind ihr negative Erlebnisse in Erinnerung. In Malstatt z.B. wartete ein älteres Ehepaar an der Haltestelle. Bei dem Einsteigen zögerte der Mann: „Da sitzt eine Frau am Steuer.“ Heute gehören solche Vorurteile längst der Vergangenheit an und Frauen wie sie gehören ganz selbstverständlich zum Fahrerteam. Dennoch ist das Lenken eines Busses überwiegend immer noch „Männersache“. Nur 30 der insgesamt  295 Bus-und Bahnfahrer bei der Saarbahn sind weiblich. 

Maria Lamest, 2017 - Saarbahn

Maria Lamest, 2017 - Saarbahn

Maria Lamest, 2017 - Saarbahn

Maria Lamest hat ihre Entscheidung, Busfahrerin zu werden, nie bereut. Heute fährt sie im Spätdienst auf allen Linien. Das war nicht immer so. Als 1994 ihre Mutter erkrankte, zog sie wieder zurück nach Merzig und sie durfte, für die Zeit der Pflege einen festen Dienst zu fahren. Dafür ist sie dankbar. Trotzdem trauert sie auch ein bisschen den guten alten Zeiten hinterher: „Früher waren wir wie eine große Familie und die Fahrgäste waren lockerer und nicht so anspruchsvoll. Man hatte noch mehr Zeit auch für die Fahrgäste, die Dienste waren nicht so gepresst”. Verkürzte Wendezeiten und immer engere Dienste, das zehre manchmal schon an den Nerven, gibt sie zu. Natürlich weiß Maria Lamest um die Herausforderungen für die Zukunft.


2019 ist das entscheidende Jahr für die Saarbahn und sie wünscht dem Unternehmen hierfür viel Erfolg. 2020 ist für sie dann allerdings Schluss.

Was sie machen möchte, wenn sie in Rente geht?

„Reisen!” sagt Maria Lamest und strahlt.